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und auf der Bühne auch.

Ambi——was?  Vuca—-wo?

Wir reden über eine spezielle Art zu führen in einer speziellen Welt. Über Führungsqualitäten in  unserer heutigen Welt,  die auch als disruptiv, instabil und nicht mehr einfach einschätzbar bezeichnet werden kann. Vorhersagen über Entwicklungen  werden schwieriger bis unmöglich, was sich einerseits durch die Globalisierung erklärt – Dinge stehen in immer größeren und komplexeren Zusammenhängen, der Überblick über alle Eventualitäten wird immer schwieriger – andererseits durch immer häufiger auftretende disruptive Ereignisse.

Führungsqualitäten im Wandel

In einer solchen Welt wird es in der Folge immer schwieriger die richtigen Pläne für die Zukunft  zu entwickeln und umzusetzen. Letztendlich brauchen wir alle – sowohl einzelne Individuen als auch Organisationen – mehr Flexibilität und eine größere Fähigkeit schnell auf Veränderungen zu reagieren. Und das nicht nur auf kleine Veränderungen – Feintuning reicht hier nicht mehr aus – mitunter ist komplettes Umdenken  gefragt, man muss seine grundlegenden Werte überdenken und sich an  komplett neue Gegebenheiten anpassen.

Die neue Art zu arbeiten!

Auf individueller Ebene kann man als Antwort darauf z.B. beobachten, dass die wenigsten Menschen noch so arbeiten wie zu früheren Zeiten. War es früher noch durchaus üblich sein ganzes Berufsleben lang bei einem Unternehmen zu bleiben, oder zumindest in einem Beruf oder in einer Branche tätig zu sein, so wechselt man heutzutage öfter seinen Arbeitgeber, seit den 2000er Jahren hat man kaum noch Berufe, man sprach von Jobs, und neuerdings nur noch Projekte. Branche und Arbeitgeber werden häufig gewechselt, ebenso Arbeitsort, es kommt zu einer Entgrenzung von beruflichem und privatem,  kaum einer hat noch klare Arbeitszeiten.

Was sind unsere Strategien?

Auf der Ebene von Organisationen, bzw. Unternehmen bedeutet das , dass es schwieriger bis unmöglich ist eine Strategie zu entwickeln, an die man sich in den nächsten Jahren halten kann. Diverse Kurskorrekturen,  Reaktionen auf unerwartete Marktentwicklungen, manchmal auch Pivoting sind gefragt, und das bitte auch noch schnell. Nun wissen wir von uns im Privatleben bereits , wie schwer uns Menschen Veränderung fällt. Veränderung macht zunächst vor allem Angst  und je nach Größe und Ausmaß dieser sind wir Menschen oft eher gelähmt als fähig Dinge zu verändern.

Exploration und Exploitation.

Auf unternehmerischer Ebene hat man  nun die Herausforderung, offen für Veränderung und Innovation in jedem Sinne zu sein, gleichzeitig muss ich für sorgfältige Implementierung, für stabile Produktionen , für Qualitätsstandards und nebenbei auch noch für bestmögliche Arbeitsbedingungen meiner Mitarbeiter sorgen. Mitunter scheint sich das zu widersprechen. Schon ohne eine VUCA Welt sind Innovationsmanagement und Qualitätsmanagement oft als Widerspruch angesehen. Firmen begeben sich in den Spagat zwischen Exploration und Exploitation.

Die Ambidextrous Strukturen

Die Lösung sucht man nun in Ambidextrous Strukturen und einem ambidextrous – beidhändigen – Führungsstil, in dem nun scheinbar konträre Aufgaben vereint werden. Die Führungskraft benötigt also Flexibilität und Agilität einerseits, Stabilität andererseits und vor allem aber das Know How, wann welches der beiden angebracht ist. Man muss führen und führen lassen, inspirieren und dirigieren, Anforderungen stellen und moderieren.
Diese scheinbar sich widersprechenden Führungsstile werden oft als unterschiedliches Arbeitstempo, bzw. unterschiedliche Arbeitstemperatur wahrgenommen und die Herausforderung einer Führungskraft liegt nun darin, zwischen diesen Polen die zielführendste Kadenz zu finden, flexibel zu bleiben und immer der Situation adäquat zu reagieren. Der Schlüssel liegt in einer guten Kommunikation, in Flexibilität und im richtigen Mindset.

Was benötigt die Führungskraft von Morgen?

Eine Führungskraft mit diesem „beidhändigen“ Stil muss  fähig sein verschiedene Rollen einzunehmen, bzw. klar kommunizieren können aus welcher Rolle sie gerade handelt. Und auch wenn es sich zunächst so anhört, als müsse jede Führungskraft nun zur eierlegenden Wollmilchsau mutieren, so kann das Einnehmen einer solchen flexiblen und in alle Richtungen kommunikativen Rolle ein durchaus positives, weil nie langweiliges  Arbeitserleben sein.
Diese größtmögliche Flexibilität kann nun einerseits als spezielles Talent angesehen werden und das Mindset als persönlicher Charakterzug. Die Erfahrung zeigt aber, dass diese Qualitäten vielmehr wie Muskeln zu trainieren sind. Ebenso auch die Verbesserung der Kommunikation. 
Ein Training, das wir Improvisationsschauspieler nur zu gut kennen.

Die Qualitäten des Improtheaters für Führungskräfte – Spielend Kompetenzen erwerben!

Im Improvisationstheater begeben sich die Schauspieler auf die Bühne, ohne zu wissen was passieren wird. Für herkömmliche Schauspieler der größtmögliche Supergau. Mithilfe der Prinzipien der Improvisation haben die Spieler nun trainiert handlungsfähig in dieser Krise zu bleiben. Einerseits aufmerksam auf das Außen und auf die Spielpartner zu sein, andererseits auf innere Stärken und Talente zu vertrauen. Einerseits aufmerksam neue Dinge aufzunehmen, andererseits diese in das eigene Spiel zu integrieren, einerseits zu führen, andererseits zu folgen, und das in sich niemals wiederholenden Mustern, immer der Situation angepasst. Um gemeinsam eine Szene zu kreieren muss  jeder Spieler zwischen den genannten Polen seine eigene Melodie finden – und das in jeder Szene neu.

Der „ambidextrous“ Stil – Der Weg in die Zukunft

Diese Art von Handlungsfähigkeit kann nicht geprobt werden – dann wären die Szenen ja nicht improvisiert –  sie kann jedoch anhand einiger Prinzipien trainiert, bzw. immer wieder erfahren werden. Anders gesagt: Man erfährt immer wieder aufs Neue, dass man weder an unkontrollierbaren Veränderungen , noch an der Angst vor diesen stirbt.  Diese immer wieder gemachte Erfahrung verankert sich im Selbstbewusstsein, und führt zu dem Vertrauen auch scheinbar sich widersprechende Dinge nicht nur unter einen Hut bringen zu können, sondern sie mit großem Erfolg gleichzeitig zu nutzen. Flexibilität, Kommunikation und das richtige Mindset sind die herausragendsten Eigenschaften von guten Impro-Schauspielers, die jedes Mal, wenn sie auf die Bühne gehen, nach Ihrer eigenen Kadenz, ihrer eigenen Melodie suchen.

Die großartigsten Szenen des Improvisationstheaters werden meist im „ambidextrous“Stil kreiert. 

Barbara Demmer